Bedeutung technischer Normen

Die “Norm” im Sinne der festgelegten Vereinheitlichung von Abmessungen, Qualitäten, Herstellungsverfahren, Sicherheitsanforderungen und Bezeichnungen industrieller und gewerblicher Produkte wird als “technische Norm” bezeichnet. Technische Normen dienen der Vereinheitlichung
technischer Sachverhalte. Eine technische Norm ist eine “technische Spezifikation bzw. ein Dokument, das der Öffentlichkeit zugänglich ist, in Zusammenarbeit mit allen interessierten Kreisen und mit deren Konsens oder allgemeiner Billigung aufgestellt wird, sich auf die vereinten Ergebnisse von Wissenschaft, Technik und Erfahrung stützt, den grössten Nutzen der Allgemeinheit zum Ziel hat und von einem qualifizierten Gremium auf nationaler, regionaler oder internationaler Ebene angenommen wurde” (modifiziert aus Normung und Recht – der rechtliche Status von Normen, Schweizerische Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS).

In Gesetzen oder Verordnungen der EU und der Schweiz wird regelmässig auf Normen verwiesen, weshalb Normen in derartigen Fällen durchaus rechtliche Auswirkungen haben können. Hier ein Beispiel einer diesbezüglichen Mitteilung:

Bezeichnung technischer Normen für die elektromagnetische Verträglichkeit elektrischer Geräte gestützt auf die Verordnung über die elektromagnetische Verträglichkeit (VEMV)

Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) ist nach Artikel 5 Absatz 1 und 4 der Verordnung vom 25. November 2015 über die elektromagnetische Verträglichkeit (VEMV) befugt, im Einvernehmen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) technische Normen zu bezeichnen, die geeignet sind, die grundlegenden Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit elektrischer Geräte zu konkretisieren. Soweit möglich bezeichnet es international harmonisierte Normen. Werden die bezeichneten Normen angewendet, so wird vermutet, dass die grundlegenden Anforderungen erfüllt sind (…es folgen Hinweise auf entsprechende EU-Erlasse, welche sich auf technische Normen beziehen).

Diese Hinweise auf technische Normen werden abhängig vom technischen Gebiet von verschiedenen Bundesämtern oder anderen amtlichen Stellen, z. B. dem Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic)  oder dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA veröffentlicht. In diesen Mitteilungen wird der Stand der Technik und die Konformität von Produkten angesprochen, beides wichtige Aspekte für Hersteller und Händler solcher Produkte. Technische Normen haben also in der Praxis einen hohen Stellenwert, denn zahlreiche Hersteller wenden die technischen Normen an, um von der Konformitätsvermutung zu profitieren. Zudem dienen die Normen als Referenzobjekt hinsichtlich des Stands der Technik.

Normen und Haftung

(DIN) Rechtsverbindlichkeit erlangen Normen, wenn Gesetze oder Rechtsverordnungen, wie oben erwähnt, auf sie verweisen. Daneben können Vertragspartner die Anwendung von Normen auch in Vereinbarungen verbindlich festlegen. Ansonsten ist jedoch die Anwendung von Normen grundsätzlich freiwillig. Normen sind nicht bindend, das unterscheidet sie von Gesetzen.

In Fällen, in denen Normen weder von den Vertragsparteien zum Inhalt eines Vertrages gemacht worden sind, noch durch den Gesetzgeber verbindlich vorgeschrieben werden, dienen sie im Streitfall dennoch als Entscheidungshilfe, beispielsweise in Haftungsprozessen. Gerichte ziehen Normen und technische Regeln in Verfahren auf dem Gebiet des Mängelgewährleistungsrechts sowie des Delikts- und Produkthaftungsrechts heran, um zu beurteilen, ob der Hersteller die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachtet und somit die verkehrsübliche Sorgfalt eingehalten hat.

Fundstellen technischer Normen

Je nach Fachgebiet finden sich technische Normen – zum Teil mehrfach – an verschiedensten Stellen. Eine wichtige Fundstelle – auch für harmonisierte Normen, d. h. Normen, welche sowohl für die EU als auch die Schweiz gelten, ist die Plattform SWITEC. Dort können auch neue technische Normen abgerufen werden, und zwar gegliedert nach Fachgebieten (z. B. Medizingeräte, Druckgeräte, persönliche Schutzausrüstungen, elektromagnetische Verträglichkeit etc.).  Neben diesem Portal gibt es eine Vielzahl von anderen Fundstellen, die auf unserem Portal unter den nützlichen Links abgelegt sind. Mehr zu europäischen Normen und deren Bedeutung in der EU finden Sie hier.

Technische Normen auf Bundesebene

Das SECO (Sekretariat für Wirtschaft, Ressort Produktesicherheit) ist Vollzugs- resp. Aufsichtsbehörde in den Produktbereichen Maschinen, Aufzüge, Druckgeräte, einfache Druckbehälter, Gasgeräte und persönliche Schutzausrüstungen (PSA). Zudem ist es für alle Produkte zuständig, für die keine Spezialerlasse bestehen und die somit direkt unter das Produktsicherheitsgesetz fallen (sogenannte “übrige Produkte”). Mit Ausnahme der “übrigen Produkte” handelt es sich bei den gesetzlichen Grundlagen aller durch das SECO betreuten Produkte um Umsetzungen der Anforderungen der entsprechenden EU-Richtlinien mit den dazugehörigen technischen, harmonisierten Normen. Zudem sind diese Produktebereiche Teil des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (Mutual Recognition Agreement MRA) zwischen der EU und der Schweiz (Grundlagen MRA).